1. Grundlagen der Tourenplanung im Winter
Worauf kommt es bei der Planung an?
Die Tourenplanung im Winter ist deutlich anspruchsvoller als im Sommer. Neben der klassischen Routenwahl stehen vor allem Lawinensicherheit, aktuelle Wetterbedingungen und eine zuverlässige Orientierung im alpinen Gelände im Mittelpunkt. Diese Faktoren bestimmen, wie sicher und angenehm deine Tour wird.
Wichtige Aspekte der Wintertourenplanung
Aspekt | Bedeutung für die Planung |
---|---|
Lawinensicherheit | Kenntnis über aktuelle Lawinenwarnstufen, Hangneigungen und gefährdete Bereiche ist unerlässlich. |
Wetterbedingungen | Das Wetter beeinflusst Sicht, Temperatur und Lawinengefahr. Täglicher Check von Wetterberichten ist Pflicht. |
Orientierung | Im Winter sind Wege oft nicht sichtbar. Karte, Kompass und GPS helfen, die Route sicher zu finden. |
Ausrüstung | LVS-Gerät, Sonde und Schaufel gehören zur Standardausstattung. Auch Schneeschuhe oder Tourenski können notwendig sein. |
Kondition & Erfahrung | Einschätzung der eigenen Fähigkeiten und Gruppenerfahrung verhindert Überforderung in schwierigem Gelände. |
Typische Herausforderungen im winterlichen Gelände
- Unübersichtliche Wegführung: Markierungen sind oft eingeschneit, die Orientierung fällt schwerer.
- Schnelle Wetterumschwünge: Plötzlicher Nebel oder Schneefall können die Tour erschweren.
- Verdeckte Gefahrenstellen: Lawinenhänge oder Wechten sind nicht immer auf den ersten Blick erkennbar.
- Tageslicht: Die Tage sind kürzer – frühe Startzeit und gute Zeitplanung sind wichtig.
Kleine Checkliste für den Start
- Habe ich einen aktuellen Lawinenlagebericht gelesen?
- Sind alle in der Gruppe fit und ausgerüstet?
- Kenne ich Alternativrouten bei plötzlichen Wetteränderungen?
- Sind Karte, Kompass und GPS einsatzbereit?
- Habe ich die Notfallnummern parat (z.B. 112)?
2. Lawinengefahr – Typische Merkmale erkennen
Hangneigung: Der wichtigste Faktor
Die Hangneigung ist ein zentraler Aspekt bei der Einschätzung der Lawinengefahr. Lawinen treten am häufigsten in Hängen mit einer Neigung zwischen 30° und 45° auf. Steilere Hänge sind besonders kritisch. Mit einer Lawinenkarte oder einem Neigungsmesser (z.B. dem klassischen „Clinometer“ im Tourenrucksack) lässt sich das Gefahrenpotenzial schnell einschätzen.
Hangneigung | Lawinenrisiko |
---|---|
Unter 25° | Gering |
25°–30° | Möglich, aber selten |
30°–35° | Mittel bis hoch |
35°–45° | Sehr hoch |
Über 45° | Spezialfälle, oft Steinschlaggefahr zusätzlich |
Geländeformen: Wo lauern die Gefahren?
Bestimmte Geländeformen begünstigen Lawinenabgänge. Besonders gefährlich sind:
- Kuppen und Rücken: Hier kann der Wind Schnee ablagern und instabile Triebschneeansammlungen entstehen lassen.
- Mulden und Rinnen: Diese wirken wie Sammelbecken für abrutschende Schneemassen.
- Schattige Nordhänge: Der Schnee bleibt länger locker und instabil.
- Scharfe Geländekanten: Hier entstehen oft Schwachschichten in der Schneedecke.
Schneedecke: Auf die Schichten achten!
Nicht nur die Menge des Schnees zählt, sondern vor allem sein Aufbau. Mehrere Schichten mit unterschiedlicher Festigkeit können Schwachstellen bilden – sogenannte Schwimmschnee- oder Graupelschichten gelten als besonders tückisch. Ein einfacher Test mit der Schaufel zeigt, wie leicht sich einzelne Schichten voneinander lösen lassen.
Typische Gefahrenzeichen im Gelände
- Aktuelle Risse im Schnee oder „Wumm“-Geräusche beim Gehen deuten auf instabile Schichten hin.
- Frische Lawinenabgänge in ähnlichem Gelände sind ein klares Warnsignal.
- Eingedrückte Schneebretter oder sichtbare Triebschneeansammlungen (meist windgepresst, matt glänzend) erhöhen das Risiko deutlich.
- Achten Sie auf Warnschilder und Hinweise vor Ort – diese werden in Deutschland regelmäßig von den örtlichen Lawinenwarndiensten aktualisiert.
Aktuelle Warnhinweise beachten
Vor jeder Tour sollten Sie den aktuellen Lagebericht des Lawinenwarndienstes Bayern oder anderer regionaler Dienste konsultieren. Dort finden Sie tagesaktuelle Informationen zu Gefahrenstufen, kritischen Expositionen und besonderen Wetterlagen. Eine App wie „Alpenvereinaktiv“ bietet zudem mobile Updates direkt auf Ihr Smartphone.
3. Recherche und Informationsquellen
Nutzung von Lawinenlageberichten
Bevor du im Winter eine Skitour oder Schneeschuhwanderung planst, ist es in Deutschland unerlässlich, aktuelle Lawinenlageberichte zu checken. Diese Berichte werden täglich von den Landeswarnzentralen und dem Deutschen Alpenverein (DAV) veröffentlicht. Sie geben dir eine Einschätzung der aktuellen Lawinengefahr in unterschiedlichen Regionen der Alpen und Mittelgebirge.
Wichtige Informationen im Lawinenlagebericht
Kriterium | Beschreibung |
---|---|
Lawinenwarnstufe | Skala von 1 (gering) bis 5 (sehr groß) |
Schneedeckenaufbau | Hinweise auf Schwachschichten oder Altschneeprobleme |
Gefahrenstellen | Lage und Exposition lawinengefährdeter Hänge (z.B. Nordhänge, Steilheit) |
Neuschnee und Wind | Menge des Neuschnees und Windverfrachtungen, die zusätzliche Gefahr bringen können |
Deutsche Internetportale für Tourenplanung im Winter
Für die Planung sind deutsche Online-Portale wie Lawinenwarndienst Bayern, alpenverein.de oder das Portal lawinen.org besonders hilfreich. Hier findest du nicht nur Lawinenlageberichte, sondern auch detaillierte Karten, Tourenvorschläge und Hinweise zu aktuellen Sperrungen.
Empfohlene Internetportale im Überblick
Portalname | Themen & Angebote | Regionale Abdeckung |
---|---|---|
Lawinenwarndienst Bayern | Tagesaktuelle Lawinenlage, Prognosen, Warnkarten | Bayerische Alpen & Mittelgebirge |
alpenverein.de (DAV) | Tourempfehlungen, Sicherheitstipps, Wetterinfos, Ausbildungen | DACH-Raum (Deutschland, Österreich, Schweiz) |
lawinen.org | Lageberichte, Hintergrundwissen, Präventionsmaterialien | DACH-Raum & Südtirol/Italien |
Konsultation regionaler Alpinvereine und lokaler Experten
Neben den offiziellen Quellen ist es sehr ratsam, den Kontakt zu regionalen Sektionen des DAV sowie lokalen Bergführern oder Hüttenwirten zu suchen. Diese kennen die aktuellen Bedingungen vor Ort meist am besten und können kurzfristige Veränderungen einschätzen. Viele DAV-Sektionen bieten zudem geführte Touren und Lawinenschulungen an.
Anlaufstellen für lokale Informationen:
- Sektionen des DAV vor Ort – oft mit eigener Website und Kontaktmöglichkeiten
- Bergführerbüros in größeren Wintersportorten (z.B. Garmisch-Partenkirchen, Berchtesgaden)
- Hüttenpersonal auf bewirtschafteten Alpenvereinshütten – immer nach aktuellen Schnee- und Wetterbedingungen fragen!
Bedeutung der DAV-Empfehlungen bei der Planung beachten
Der Deutsche Alpenverein gibt regelmäßig Empfehlungen zur sicheren Tourenplanung im Winter heraus. Besonders wichtig: Die „Stop or Go“-Strategie zur Risikoeinschätzung unterwegs sowie das Einhalten der empfohlenen Ausrüstungsliste (inklusive LVS-Gerät, Sonde, Schaufel). Überprüfe stets auch deine eigene Erfahrung und passe die Tour entsprechend an – im Zweifel lieber einen Gang zurückschalten!
Tipp aus der Praxis:
Nimm dir Zeit für die Recherche: Je mehr du über das Gelände, die Schneeverhältnisse und mögliche Gefahren weißt, desto entspannter wird dein Tag draußen im Schnee.
4. Technische Ausrüstung für die Tour und Lawinenprävention
Unerlässliche Ausrüstungsgegenstände für den Wintertouren
Wer im Winter in den deutschen Alpen unterwegs ist, sollte niemals ohne die richtige Sicherheitsausrüstung starten. Gerade in lawinengefährdeten Bereichen ist das Mitführen spezieller Geräte Pflicht. Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über die wichtigsten Ausrüstungsgegenstände, die bei keiner Wintertour fehlen dürfen:
Ausrüstungsteil | Funktion | Worauf achten? |
---|---|---|
LVS-Gerät (Lawinenverschüttetensuchgerät) | Ortung verschütteter Personen nach einem Lawinenabgang | Mindestens 3-Antennen-Technik, regelmäßige Funktionskontrolle, einfache Bedienbarkeit |
Sonde | Präzise Lokalisierung der verschütteten Person nach LVS-Signal | Länge mind. 240 cm, robuste Verarbeitung, einfache Montage |
Schaufel | Bergung der verschütteten Person aus den Schneemassen | Leicht und dennoch stabil (Aluminium), ergonomischer Griff, große Schaufelfläche |
Lawinenrucksack (Airbag-System) | Vergrößert das Volumen und hilft, an der Lawinenoberfläche zu bleiben | Kompatibilität mit Körpergröße, einfaches Auslösesystem, regelmäßige Wartung |
Moderne digitale Helfer: Apps und GPS-Geräte aus Deutschland
Neben der klassischen Ausrüstung werden digitale Tools immer wichtiger für die sichere Tourenplanung. In Deutschland sind besonders folgende Apps und GPS-Geräte im Einsatz:
Name | Kategorie | Einsatzbereich & Besonderheiten |
---|---|---|
Alpenvereinaktiv App (DAV) | Tourguides & Karten-App | Detaillierte Wintertourenplanungen, aktuelle Lawinenlageberichte, Offline-Kartenfunktion speziell für Deutschland und die Alpenregion. |
Bergfex/Skitouren App | Skitouren-Planer & Tracking-App | Tagesaktuelle Infos zur Schneelage, GPS-Tracking von Routen, Community-Bewertungen. |
Garmin GPSMAP Serie / Satmap Active20 | GPS-Handgerät | Zuverlässige Navigation auch ohne Mobilfunkempfang, sehr robust und wetterfest – ideal für alpine Bedingungen. |
LVS Check App (Pieps/Ortovox) | Sicherheits-App für LVS-Geräte-Test | Hilft beim täglichen Gerätecheck vor der Tour; zeigt Schritt-für-Schritt-Anleitung auf Deutsch. |
Praxistipp: Regelmäßiges Training mit der Ausrüstung!
Die beste Ausrüstung hilft nur dann wirklich weiter, wenn du weißt, wie man sie richtig benutzt. Nutze Übungstage des Deutschen Alpenvereins oder lokale Lawinentrainings im Allgäu oder Berchtesgadener Land – viele Sektionen bieten spezielle Kurse zum Umgang mit LVS-Gerät, Sonde und Schaufel an.
Kurz zusammengefasst:
Für eine sichere Wintertour in Deutschland gehört neben einer sorgfältigen Planung immer die vollständige Lawinenausrüstung ins Gepäck. Moderne digitale Helfer wie Apps und GPS-Geräte unterstützen dich zusätzlich bei Orientierung und Risikobewertung – aber sie ersetzen niemals deine Erfahrung und Umsicht vor Ort!
5. Verhalten im Gelände – Praktische Tipps
Strategien zur Risikominimierung
Im winterlichen Gebirge ist umsichtiges Verhalten entscheidend. Beginne jede Tour mit einer gründlichen Einschätzung der aktuellen Lawinenlage (z.B. LLB, Wetterbericht). Vermeide bekannte Gefahrenstellen wie Steilhänge über 30 Grad, Mulden, Kuppen und Gräben. Nutze vorhandene Spuren kritisch – sie sind kein Garant für Sicherheit. Setze auf defensive Routenwahl und wähle Alternativen bei Unsicherheiten.
Gruppentaktik unterwegs
Taktik | Beschreibung |
---|---|
Abstände einhalten | Mindestabstand von 10 Metern in gefährdetem Gelände reduziert das Risiko für die gesamte Gruppe. |
Einzeln queren | Gefährliche Hangbereiche immer nur einzeln betreten oder queren. |
Auf Sicht bleiben | Ständiger Sichtkontakt erleichtert Kommunikation und schnelle Reaktion im Notfall. |
Routenwahl und Pausenmanagement
Plane deine Route so, dass kritische Passagen früh am Tag begangen werden – dann ist die Schneedecke meist noch stabiler. Halte Pausen an sicheren Stellen mit guter Übersicht, zum Beispiel auf Rücken oder weit entfernt von Steilhängen. Vermeide längere Aufenthalte in lawinengefährdeten Zonen.
Pausen-Checkliste für sichere Plätze:
- Abseits steiler Hänge (unter 30 Grad)
- Nicht unter Wechten oder Schneebrettern
- Möglichst erhöht stehen (z.B. Geländerücken)
- Schnellen Fluchtweg im Blick behalten
Kommunikation und Entscheidungsfindung unterwegs
Kläre vor der Tour klare Absprachen: Wer geht voran, wer übernimmt Navigation? Nutzt einfache Handzeichen und sprecht Risiken offen an. Entscheidungsfindung erfolgt am besten gemeinsam: Jedes Gruppenmitglied darf Bedenken äußern! Im Zweifel gilt: Lieber umkehren als riskieren.
6. Im Notfall: Richtig handeln bei einem Lawinenabgang
Schritt-für-Schritt-Anleitung: Was tun, wenn die Lawine abgeht?
Auch bei bester Planung kann es im Wintertourengebiet zu einem Lawinenabgang kommen. In solchen Situationen ist schnelles und überlegtes Handeln lebenswichtig. Hier findest du eine Schritt-für-Schritt-Anleitung für den Ernstfall sowie wichtige Checklisten, damit du und deine Gruppe richtig reagieren könnt.
1. Ruhe bewahren und Überblick verschaffen
- Stoppe sofort, sobald du bemerkst, dass eine Lawine abgeht.
- Schütze deinen Kopf mit den Armen, falls du selbst erfasst wirst.
- Beobachte genau, wo Personen verschüttet wurden – das hilft später bei der Suche.
2. Alarmierung und Notruf
Sobald du sicher bist oder dich selbst befreit hast:
- Rufe so schnell wie möglich Hilfe.
- Notrufnummer in Deutschland: 112
- Melde: Wer meldet? Was ist passiert? Wo genau? Wie viele Personen sind betroffen?
Schritt | Beschreibung |
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Notruf absetzen (112) | Standort und Situation klar schildern, Anzahl der Betroffenen angeben |
Sicherheitscheck | Kläre, ob weitere Lawinengefahr besteht, sichere den Bereich |
Bergrettung einweisen | Mache dich für die Rettungskräfte sichtbar, z.B. durch Bekleidungsstücke oder Skistöcke am höchsten Punkt |
3. Soforthilfe und Erste Hilfe leisten
- Schnell mit dem LVS-Gerät (Lawinenverschüttetensuchgerät), Sonde und Schaufel nach Verschütteten suchen.
- Achte auf deine eigene Sicherheit!
- Bei Fund: Atemwege freilegen, ggf. Wiederbelebung starten (Herzdruckmassage/Beatmung).
- Wärmeerhalt ist lebenswichtig – Betroffene vor Auskühlung schützen.
Schnelle Checkliste für die Erste Hilfe:
- LVS-Suche starten – alle Gruppenmitglieder kontrollieren ihr Gerät auf „Suchen“.
- Verschütteten lokalisieren und vorsichtig ausgraben (Kopf zuerst freilegen).
- Puls- und Atmungskontrolle durchführen.
- Sofort mit Wiederbelebungsmaßnahmen beginnen, wenn nötig.
- Nicht alleine lassen – psychische Betreuung ist ebenso wichtig.
4. Nachsorge bis zum Eintreffen der Rettungskräfte
- Laufend Vitalzeichen überprüfen.
- Körperwärme erhalten: Mit Jacken, Decken oder Biwaksack abdecken.
- Zuflucht vor Wind schaffen, falls möglich (z.B. hinter Felsen oder im Schnee).
- Beruhigend auf Betroffene einwirken – Panik vermeiden.
Praktische Tipps für deine Ausrüstung im Notfall:
Ausrüstungsteil | Zweck im Notfall |
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LVS-Gerät (mindestens 3 Antennen) | Schnelle Ortung von Verschütteten |
Sonde (mindestens 240 cm) | Punktgenaues Lokalisieren unter dem Schnee |
Schaufel (Metall bevorzugt) | Schnelles und effizientes Ausgraben |
Biwaksack/Decke | Kälteschutz für Verletzte und Wartezeit auf Hilfe |
Mobiltelefon mit vollem Akku | Schneller Notruf & Standortübermittlung (ggf. GPS-Koordinaten durchgeben) |
Pfeife/Sichtbares Signalmittel | Macht Rettungskräften das Auffinden leichter |
Mache dich vor jeder Wintertour mit diesen Schritten vertraut – sie können Leben retten!